High Performance Teams durch Wertschätzung, Teil 1

Oft ist es nur ein Wort, eine kurze Bemerkung oder ein Satz, der unglaublich viel in uns und bei unseren TeamkollegInnen auslösen kann. Wie fühlen wir uns, wenn wir das, was andere tun, wertschätzen? Was macht es mit uns, wenn das was wir tun, wertgeschätzt wird?

Leider vergessen wir im Arbeitsalltag das „Wunder der Wertschätzung“ sehr oft. Wir sind zu sehr mit uns selbst beschäftigt, stehen ständig unter Stress und hetzen von einem Termin zum nächsten. Da bleibt wenig Zeit sich neben der nie kürzer werdenden ToDo-Liste auch noch um andere zu kümmern.

In dieser Blogserie zeigen wir anhand von Statements unserer Kunden auf, wie Wertschätzung in Ihrem Team gelingen kann und Sie so zu einem High Performance Team werden.

Teil 1: „Bei uns im Team ist fehlende Wertschätzung kein Thema, wir loben uns andauernd für unsere Arbeit“

(Teamleiter eines 8-köpfigen IT-Teams)

STORY: Vor einiger Zeit kam mein 10-jähriger Sohn mit dem Halbjahreszeugnis der 4. Klasse Volksschule nach Hause. Überglücklich kam er zu mir uns sagte: „Papa, schau mal, alles Einser!!!!“. Ich blickte ihn an, und sagte: „Wow, ich bin so stolz auf dich“. Da wurde er plötzlich nachdenklich und sagte: „Aber Papa, das heißt wenn ich einen, oder mehrere Zweier im Zeugnis hätte, wärst du nicht stolz auf mich?“

Eines der größten Missverständnisse, auf das wir immer wieder stoßen, ist, dass Lob als Wertschätzung verkauft wird. Verstehen Sie mich nicht falsch, Lob ist wichtig und gut, aber es löst noch nicht das „Wunder der Wertschätzung“ aus.

Wir haben es in der Dynamisch-analytischen Teamentwicklung grundsätzlich mit 3 Typen von Teams zu tun:

  1. Teams, in denen Lob nur in den greisen Wertehieroglyphen des Unternehmens verankert ist. Zitat einer Mitarbeiterin eines konservativen, starren Großkonzerns: „Lob kenn ich nicht. Wenn es an der Tür klopft und mein Chef herein kommt, dann weiß ich schon wieder, dass irgendetwas nicht passt.“
  2. Teams, in denen Lob und positives Feedback in der Unternehmens- und Teamkultur verankert sind und auch gelebt werden.
  3. Teams, in denen tatsächlich „richtig“ wertgeschätzt wird und dadurch ein hohes Maß an Engagement, Motivation und MitarbeiterInnenbindung entsteht

Ich werde in Vorträgen immer wieder gefragt, wie diese 3 Typen von Teams in etwa aufgeteilt ist. Unserer Erfahrung nach, in etwa 50% – 40% – 10%.

Nun stellt sich die Frage, wie denn „richtig“ wertgeschätzt wird, sodass es mehr als nur Lob ist.

Wir haben den Teamleiter des 8-köpfigen IT-Teams, sowie seine MitarbeiterInnen, gefragt, wie denn so ein Lob aussieht, dass sie ja anscheinend andauernd in der Arbeit erhalten.

„Du siehst nach deinem Urlaub gut erholt aus“

„Das letzte Projekt ist sehr erfolgreich gelaufen“

„Du hast beim Kunden XY sehr gute Arbeit geleistet“

„Du bist ein sehr motiviertes Teammitglied“

Auf die Frage, wie sie das Lob wahrnehmen, kann postwendend die Antwort: „Naja, ist eh ok, aber irgendwie spüre ich dadurch sogar noch mehr Druck“

Es existieren zwei Gefahren bei Lob dieser Art: Erstens, das Lob wird als Wertung oder Bewertung wahrgenommen. Die Aussage „Das letzte Projekt ist sehr erfolgreiche gelaufen“ impliziert, dass der Teamleiter ein klares Bild davon hat, wann ein Projekt gut und wann schlecht gelaufen ist. Das kann ein reines schwarz-weiß Denken bedeuten, wenn es um die Analyse von Projekten geht. Ich habe das im Rahmen meiner sportpsychologischen Betreuung im Spitzensport immer wieder erlebt. Rennen werden nur nach Gewinnen oder Verlieren bewertet. Gewinnt der Sportler, war es ein gutes Rennen, verliert er, ein schlechtes. Diese bipolaren Bewertungen sind psychologisch kritisch, da es nichts dazwischen gibt und im Sportler, ergo Mitarbeiter, nur 2 Welten gibt: Eine, in der ich performe und gut bin, und eine, in der ich nicht performe und schlecht bin. Zweitens, hinter derartigem Lob steckt oftmals eine implizite Absicht. Nehmen wir das Beispiel „Du siehst nach deinem Urlaub gut erholt aus“. Diese Aussage kann auch als Apell verstanden werden, dass man jetzt ordentlich Gas geben soll, da man nach dem Urlaub ja eh erholt sein muss. Auch wenn der Sender, ergo Teamleiter, das nicht so meint, die Gefahr ist groß, dass es beim Empfänger, ergo Mitarbeiter, so ankommt und dadurch die Wirkung der Wertschätzung verliert.

Wie sieht nun wahre Wertschätzung aus?

Ich möchte mich hier an Rosenberg (2001) orientieren, der 3 wesentliche Merkmale von Wertschätzung definiert hat:

  • Die Handlungen, die zu unserem Wohlbefinden beigetragen haben
  • Unsere jeweiligen Bedürfnisse, die sich erfüllt haben, und
  • Die angenehmen Gefühle, die sich durch die Erfüllung dieser Bedürfnisse eingestellt haben

Nehmen wir die Lobaussage „Du bist ein sehr motiviertes Teammitglied“ und versuchen wir, diese in das „Wunder der Wertschätzung“ umzuformulieren:

  • „Du hast in den letzten Wochen immer wieder super Ideen eingebracht und bist die nicht selbstverständliche „Extrameile“ gegangen, dafür danke ich dir“ (Handlungen)
  • „Durch dein Verhalten wurde mein Bedürfnis nach Sicherheit und Wertschätzung in diesem Projekt erfüllt.“ (Bedürfniserfüllung)
  • „Du hast mir dadurch das Gefühl gegeben, dass wir das Projekt zeitgerecht abschließen können, was mich wiederum sehr motiviert hat.“ (Meine Gefühle)

STORY: Als mein Sohn das sagte, zuckte ich innerlich zusammen, und mir wurde bewusst, dass ich gerade in genau dieselbe Falle getappt bin, die wir mit unseren Kunden seit mehr als einem Jahrzehnt lösen. „Fehler“, auch kommunikative „Fehler“, passieren immer wieder. Selbst wenn man geübt ist in etwas, oder wie ich, mich sogar beruflich mit diesem Thema auseinandersetze. Wichtig ist, dass die „Fehler“ bewusst wahrgenommen werden und man daraus lernt. Und das habe ich gemacht. Ich habe kurz durchgeatmet und nochmals von vorne begonnen:

  • „Du bist den gesamten Lockdown in der Früh immer rechtzeitig aufgestanden, hast konzentriert in deinem Zimmer gearbeitet, und dich auch dann aufgerafft, wenn du mal keine Lust gehabt hast“ (Handlungen). Dadurch habe ich mich auch auf meine Arbeit im konzentrieren können (Bedürfniserfüllung) und das hat mich entspannt und in Ruhe arbeiten lassen. Danke dir, dass wir das so toll hinbekommen haben, und gratuliere zum Zeugnis.“

 

ÜBUNG: Schreiben Sie ein klassisches Lob aus, das Sie immer wieder mal gerne fallen lassen und formulieren Sie es mit Hilfe der 3 Schritte von Rosenberg um:

Lob:

Handlungen:

Bedürfniserfüllung:

Gefühle:

Mag. Thomas Kayer

Dynamisch-analytischer Teamentwickler & Sportpsychologe

Geschäftsführer & Partner Groundwork GmbH